Text: Marcel Sommer, Fotos: Dani Hofmann

Endlich war es soweit. Der Turnverein fuhr wieder ins FSW. Für die Nichteingeweihten, es ist eine jahrhundertealte Tradition vom TV Seuzi, dass das Skiweekend auch Turnern offensteht, welchen der Arzt vom aktiven Skifahren abgeraten hat, und diese sich dafür alternativ dem Jassen und Aprés-Skifahren widmen.

Punkt 18:00 Uhr am Samstag in Grindelwald. Ich bildete aufgrund einer Weiterbildung das Nachdetachement, während die restlichen 13 Turner bereits am Morgen anreisten. Gespannt war ich schon, in welchem Zustand ich den Verein antreffen würde. Vom Aktuar per sms immer auf dem Laufenden gehalten, gestaltete sich die Anreise recht kurzweilig. Ein, sagen wir mal, gut gelauntes Grüppchen erwartete mich bereits bei meiner Ankunft und der nähere Körperkontakt bestätigte den ersten Eindruck, hier wurde keine Ovi getrunken, aber schliesslich waren wir ja auch nicht an einem Kindergeburtstag.

Die Skifahrer erzählten vom Fahren bei besten Schneeverhältnissen und dem einen oder anderen sah man auch bereits im Gesicht die Wirkung der Sonne an, während die Jasser eher einer Wanddispersion-Weiss ähnelten. Sie hatten Schutz vor der starken UV Strahlung im Restaurant Hirschen gesucht und sich erstmal mit den hiesigen Sitten und Gebräuchen vertraut gemacht.

Beim Nachtessen zeigten dann die Ersten einige Ermüdungserscheinungen. Ja, auch der Höhenunterschied zum Weinland darf nicht unterschätzt werden. Die kleinen Nickerchen an den Tischen und auf den sanitären Anlagen brachten jedoch die gewünschte Erholung und so fanden sich schliesslich alle in der lokalen Dorfdisco wieder topfit zusammen.

Unser ehemaliger Präsident sah es als seine heilige Mission an, sich den sozial Randständigen unter den Gästen anzunehmen, während andere sich schlangengleich zu den Klängen von Boney-M wanden, die Luftgitarre aus dem Schrank nahmen oder sich einfach mal ein paar Stündchen zurück lehnten. Kurz und gut – der TV war in Hochform. Wann wir aus dem Laden gewischt wurden, kann niemand mehr ganz genau sagen. Die Meinungen lagen zwischen 02:00 und 06:00 Uhr.

In der Down Town Lodge, unserem nahegelegenen, einfachen aber dafür günstigen Quartier wurde das zweite Abendessen eingenommen und einige sahen sich unverhofft mit der Herausforderung des Besteigens eines Kajütenbetts konfrontiert, was dann wiederum der Anlass war, die Unbeteiligten den ganzen nächsten Tag mit der Geschichte zu foltern.

Der Sonntag begann mit Tränen. Wir bewiesen eindrucksvoll, dass es keine wirklich gute Idee ist, mit vier Mann auf 5m² bei geschlossenem Fenster zu schlafen. Das war definitiv kein Spass mehr, hatte ich doch bei der Rückkehr von der Morgentoilette nur vom Einatmen bereits wieder einen fingerdicken Zahnbelag. Das Vorhaben, ein Speckplättli, welches äusserlich angewendet nicht nur für glänzendes Haar sondern auch für frischen Wind im Zimmer sorgen sollte, aufzuschneiden, liess mich zum zweiten Mal flennen wie ein türkischer Eselzureiter. Unser Aktuar, mit dem Einkauf einer währschaften Speckseite beauftragt, hatte sich in der Aufregung im Gestell vergriffen und ein Pfund Kochspeck mitgebracht. Die Tatsache, dass er dafür gleich 2 Packungen kaufte, machte es irgendwie auch nicht besser.

Da an diesem Tag eine organisierte Schlittentour angesagt war, dies aber beim Packen zu Hause nicht allen ganz sooooo präsent gewesen war, wurde zuerst den angesagtesten Geschäften im Ort ein Besuch abgestattet. Mützen, Handschuhe, Hosen, Sonnenbrillen, Stirnlampen und unzählige Dinge mehr wechselten den Besitzer. Der anfängliche Plan «Nur das Teuerste ist das Beste» wurde beim Gestell mit der Bogner-Kollektion wieder aufgegeben.

Auch die Jasser liessen es sich an diesem Tag nicht nehmen, einen Platz an der Sonne zu ergattern und sich in der Zwischenstation Bort jassend niederzulassen. So ging der Tag flugs vorbei, wobei die Aussicht, bald mit einem Schlitten vom First zurück nach Bort zu rasen, nicht allen gleich behagte. Das Steuern eines Schlittens gelang dann auch unterschiedlich aber letzten Endes doch immerhin so gut, dass alle wieder in Bort ankamen.

Beim Nachtessen wogte die Stimmung nochmals richtig hoch und zum Glück liessen sich Nicole und Servierwagen Rolf nicht von den Käseverdampfern, deren Abgase Nasenschleimhäute schlagartig zu Lederhaut mutieren liessen, abschrecken und bedienten uns aufs Vortrefflichste.

Bei der anschliessenden Schlitten-Nachtabfahrt zeigte sich wieder einmal wer ausrüstungstechnisch auf dem neusten Stand war. So hatten einige Stirnlampen der Marke Atomexplosion, welche ganze Zugvögelformationen vom Weg ablenken konnten, während andere mit Leuchtkugelschreibern und Teelichtern kaum den eigenen Schlitten sahen. Entsprechend war dann auch die Fahrt, doch gemeinsam schafften es schliesslich alle – und man sehe und staune auch mehr oder weniger unverletzt, was ab den Stürzen und Sprüngen eher überraschte – zurück zur Unterkunft.

Mit trockenen Kleidern und dem Jassteppich im Anschlag liessen wir den Abend gemütlich angehen. Da trotz Hochsaison viele Lokale am Sonntag geschlossen hatten, wir aber später am Abend Lust auf einen zünftigen Barbesuch verspürten, wurde es nochmals hektisch. Während die einen der Disco für Primarschüler einen Besuch abstatteten, fanden die anderen sich in der Gepsibar ein und mussten erstaunt feststellen, dass der Long Island Icetea eigentlich gar kein richtiger Eistee ist…

Dass solche Abenteuer einen Heisshunger auslösten liegt auf der Hand und so wurde zurück im Zimmer aufgeschnitten was das Zeug hielt, wobei Andys Leidenschaft für Pferdewürste mit einem Knoblauchanteil von mindestens 67% nicht jedermanns Sache war.

Der Montag wurde von den Skifahrern nochmals richtig ausgenutzt und es wurde die Abhänge runtergefegt bis die Kanten schmolzen und sich die Piste in ein brennendes Inferno verwandelte. Die Jasser nahmen nochmals eine Portion Sonne, bis um 15:00 Uhr schliesslich die Rückverschiebung eingeleitet wurde.

Zusammengefasst: es war ein super Wochenende, sauglatt und perfekt organisiert von Roger Hofmann. An dieser Stelle besten Dank dafür.

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